Stromabkommen mit der EU

Im Bundesrat besteht noch keine Einigkeit darüber, ob der mit der EU angestrebte Rahmenvertrag dem Parlament und dem Volk allein oder in einem Paket zusammen mit weiteren Abkommen mit der EU vorgelegt werden soll.

Der angestrebte Rahmenvertrag soll aus Sicht des Bundesrats die «institutionelle Einbindung» der Schweiz in die EU-Strukturen besiegeln. «Institutionelle Einbindung» entsteht gemäss Verhandlungsmandat des Bundesrats, wenn die Schweiz alle Entscheide, Sachbeschlüsse und Gesetze der EU zu Bereichen, die in bilateralen Abkommen und Vereinbarungen zwischen Bern und Brüssel angesprochen worden sind oder noch werden, automatisch übernimmt – also ohne eigenständige Beschlussfassung in Parlament und Bundesrat. Ausserdem soll bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Bern und Brüssel der EU-Gerichtshof – das höchste Gericht der Gegenseite – den letzten, für die Schweiz unanfechtbaren Entscheid treffen. Und sollte die Schweiz – weil beispielsweise ein Volksentscheid ein anderes Vorgehen verlangt – einmal ein Urteil des EU-Gerichtshofs nicht übernehmen können, dann erhielte die EU mit bundesrätlicher Zustimmung das Recht, Sanktionen – also Strafmassnahmen – gegen unser Land zu erlassen.

Unterwerfungsvertrag

Zugeständnisse, die in der Schweiz verständlicherweise wenig Begeisterung ausgelöst haben, die diesem Rahmenvertrag den Charakter eines eigentlichen Unterwerfungsvertrags verleihen. Weil auch der Bundesrat die Abschreckungswirkung des geplanten Rahmenvertrags erkannt hat, sucht er nach Möglichkeiten, ihn einem Paket mit weiteren Verträgen einzuverleiben. Dies in der Hoffnung, eine solche Kombination von Vereinbarungen zu finden, welche gesamthaft die offensichtlichen Nachteile des Rahmenvertrags einigermassen «ausbügeln» könnte, so dass die Chancen auf Zustimmung in Parlament und Volk steigen würden.

Dass in solcher Kalkulation ein – zurückhaltend ausgedrückt – recht «seltsamer» Umgang mit der für jede Vorlage von der Verfassung verlangten «Einheit der Materie» zum Ausdruck kommt, sei am Rande immerhin erwähnt. Die «Einheit der Materie» musste freilich bereits bei anderen Paket-Vorlagen für Verträge mit der EU taktischen Überlegungen weichen zwecks Förderung der «Annahmebereitschaft im Volk».

Bundesbern will, sofern schliesslich eine Paket-Abstimmung stattfinden soll, mit dem Rahmenvertrag in erster Priorität einen Energie- bzw. Strom-Vertrag mit dem Rahmenvertag verknüpfen. Dies hat das Komitee gegen den schleichenden EU-Beitritt bewogen, eine Fachkommission zu beauftragen, mittels «Hearings» mit Experten der Energiepolitik sowie Studium aller zugänglichen Unterlagen das «Vertragsprojekt Stromabkommen» in allen Einzelheiten zu analysieren. Das Ergebnis der Analyse wurde in einem Kurzbericht festgehalten, der am 9. November 2015 verabschiedet worden ist und folgenden Wortlaut hat:

 

Stellungnahme zum Stromabkommen

Die EU beabsichtigt, den Abschluss eines Stromabkommens mit der Schweiz vom Ja der Schweiz zu einem Rahmenvertrag abhängig zu machen, der unser Land zur automatischen Übernahme von EU-Beschlüssen und zur Unterwerfung unter den EU-Gerichtshof in allen Fragen zwingen würde, die von bilateralen Verträgen bereits jetzt oder in Zukunft berührt werden.

Zwei Alternativen

Bezüglich des Stromabkommens, über das zwischen Bern und Brüssel derzeit verhandelt wird, ist eine Grundsatzfrage zu beantworten:

Verzicht auf Stromabkommen…

Verzichtet die Schweiz auf ein Stromabkommen mit der EU, dann muss die in der Schweiz benötigte elektrische Energie künftig an einer Strombörse – vergleichbar dem Erdöl-Spotmarkt in Rotterdam – aufgrund des jeweils aktuellen Preises eingekauft werden. Die Käufer wären dann Teilnehmer an einem freien Markt mit Chancen und Risiken.

Erfahrungen zeigen, dass auch an einer Strombörse elektrische Energie für längere Zeitspannen (z. B. für drei Jahre) zu fixem Preis eingekauft werden kann. Einkäufe aufgrund täglich zu treffender Entscheide vorzunehmen, ist für Marktteilnehmer nichts Aussergewöhnliches. Strom müsste eingekauft werden, wie andere Rohstoffe bzw. Energieträger auch.

Dafür bliebe die Schweiz, die bekanntlich über eine erhebliche eigene Stromproduktion verfügt, von weiteren Vertragsbindungen frei.

…oder Stromabkommen aufgrund von Binnenmarkt-Regelungen

Schliesst die Schweiz mit der EU ein Stromabkommen ab, muss sie sich den von der EU festgelegten Binnenmarkt-Regelungen betreffend Energie-Produktion, Energie-Transport und Energie-Verkauf unterwerfen.

Der Behauptung, daraus würde möglicherweise grössere Konstanz bezüglich Strompreis resultieren, steht die Tatsache gegenüber, dass die EU-Binnenmarktregelungen der Schweiz die Subventionierung der Energieproduktion aus Wasserkraft verbieten würden. Gemäss EU-Binnenmarkt-Logik müsste die Schweiz alles automatisch übernehmen, was die EU bezüglich Energieversorgung beschliesst. Dies ist angesichts der Tatsache, dass die EU in ihrer gegenwärtigen Krise in allen wichtigen Fragen (Währung, Verschuldung, Migration) von ihren eigenen Regeln laufend abweicht, mit erheblichen Risiken verbunden – zumal die EU zur Entfaltung von Anpassungsdruck auch zu Mitteln greift, deren Vertragskonformität in Zweifel zu ziehen ist.

Ausserdem müsste das Stromabkommen mit einem Rahmenabkommen erkauft werden, das die Schweiz der Selbstbestimmung bezüglich ihrer Gesetzgebung weitgehend beraubt. Sie müsste fremdes Recht, beurteilt von fremden Richtern vorbehaltlos übernehmen.

Was ist billiger?

Die Befürworter eines an den Rahmenvertrag gebundenen Stromabkommens gehen davon aus, dass Strom mit Stromabkommen billiger importiert werden könnte als durch Stromeinkäufe an einem Spotmarkt.

Die Haltbarkeit dieser These ist indessen keineswegs gegeben.

Die politisch durchgesetzte sog. «Energiewende» hat die äusserst weitgehende Subventionierung von Stromproduktion, Stromtransport und Stromverbrauch nach sich gezogen. Ob und wie lange diese hohe Subventionierung angesichts der Überschuldung vieler EU-Länder aufrechterhalten werden kann, ist ungewiss. Von einer Garantie, wonach die Strompreise durch staatliche Massnahmen, also durch Subventionen längerfristig tief gehalten werden können, fehlt jede Spur. Kommt dazu, dass auch die Subventionen mit ihrer dazugehörigen Umverteilungsbürokratie enorme Budget-Belastungen hervorrufen, welche die Konsumenten – Privathaushalte und Unternehmen – insbesondere durch hohe Steuern und hohe Gebühren treffen – sehr wahrscheinlich einschneidender als vom Markt bestimmte Strompreise.

Ist die Schweiz erpressbar?

Die Schweiz ist bezüglich Energie-, insbesondere Strombedarf keineswegs auf Gedeih und Verderb von Entscheidungen Brüssels abhängig. Heute funktioniert der grenzüberschreitende Stromaustausch auf der Grundlage des Freihandelsabkommens von 1972. Seitens EU ist diese Rechtsgrundlage für den internationalen Stromaustausch bisher nie auch nur ansatzweise in Frage gestellt worden. Mit anderen Worten: Sollten seitens der EU bezüglich Stromexport in die Schweiz Erpressungsversuche unternommen werden, könnte die Schweiz als Herrin über die Nord-Süd-Strom- und -Gas-Autobahn relativ rasch und nicht minder spürbar kontern.

Versuche, die Schweiz mittels neuer, um die Schweiz herum führender «Strom-Übertragungs-Autobahnen» zu umfahren bzw. vom Stromimport abzuschneiden, sind angesichts der immensen Kosten einer solchen Übung zumindest mittelfristig nicht ernsthaft zu befürchten.

Die eigene Stromproduktion

Die Schweiz verfügt über eine eigene Stromproduktion, die den Strombedarf des Landes zu einem grossen Teil abdeckt. Stromlücken entstehen während des Winters. Sie könnten durch den Bau eines weiteren Kernkraftwerks behoben werden.

Diese Forderung gilt auch angesichts der Tatsache, dass die massive Subventionierung der Stromgewinnung aus alternativen Quellen die früher rentierenden Wasserkraftwerke in die roten Zahlen getrieben hat. Die Subventionspolitik, die sich in der EU durchgesetzt hat, zwingt allerdings die Schweiz, heute auch ihre eigene Stromproduktion aus Wasserkraft zu subventionieren.

Fazit

Insgesamt kommt die Kommission zum Schluss, dass sich die Unterwerfung der Schweiz unter einen weitgehend von Brüssel diktierten Rahmenvertrag, der unser Land seiner Souveränität berauben würde, um eines Stromabkommens mit der EU willen nicht rechtfertigen liesse.

Will sich die Schweiz ihre unabhängige Position im internationalen Strommarkt bewahren, müsste sie eine Energiepolitik verfolgen, die sich konsequent an den Marktkräften, nicht an letztlich unbezahlbaren ideologischen Lehrmeinungen orientiert.

Würde sich die Schweiz konsequent marktwirtschaftlicher Stromproduktion verschreiben, könnte sie allfälligen Demarchen der EU gegen unser Land im Energiebereich mit grosser Gelassenheit begegnen.

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