eu-no.ch INFO vom 10.04.2014

Es war eines der zentralen Ziele der Europäischen Union, all ihre Mitgliedländer in einen einheitlichen Binnenmarkt zu integrieren.

In diesem Binnenmarkt wurden für einen zur EU gehörenden Wirtschaftsraum, der von Amsterdam bis Bukarest, von Helsinki bis Palermo reicht, einheitliche rechtliche Bestimmungen für wirtschaftliche Tätigkeit festgelegt.

Der Binnenmarkt wurde also Tatsache, indem für die gesamte wirtschaftliche Aktivität innerhalb der EU für alle EU-Mitglieder die genau gleichen Regeln und Gesetze verbindlich festgelegt wurden. Binnenmarkt-Regelungen sind gesetzliche Bestimmungen, die für die wirtschaftliche Tätigkeit in und zwischen allen EU-Mitgliedstaaten sowohl einheitlich als auch verbindlich sind.

Die Schweiz und der EU-Binnenmarkt

Die Schweiz gehört dem EU-Binnenmarkt nicht an – weil sie nicht Mitglied der EU ist. Sie schafft die Gesetze, welche die wirtschaftliche Tätigkeit in der Schweiz regeln, autonom – als selbständiger Staat. Die von der EU geschaffenen Binnenmarkt-Regelungen wurden bisher nie automatisch auch für die Schweiz verbindlich.

Mittels bilateralen Verträgen ist die Schweiz keineswegs dem Binnenmarkt der EU beigetreten. Ziel dieser Verträge war und ist es vielmehr, zwischen zwei souveränen, eigenständigen Verhandlungspartnern – der EU auf der einen, der Schweiz auf der andern Seite – einvernehmlich die Bedingungen für gegenseitigen Marktzutritt auszuhandeln. Marktzutritt heisst indessen nicht Binnenmarkt-Mitgliedschaft.

Marktzutritt heisst nicht Beitritt zum Binnenmarkt

Der Vorgang ist vergleichbar mit Verhandlungen für einen Freihandelsvertrag. Als die Schweiz zum Beispiel mit der Republik Südkorea einen Freihandelsvertrag aushandelte und schliesslich abschloss, regelten die beiden Vertragspartner Erleichterungen für gegenseitigen Marktzutritt. Weder übernahm die Schweiz dabei die südkoreanische Wirtschafts-, Währungs- und Konjunkturgesetzgebung noch übernahm Südkorea entsprechende schweizerische Gesetze. Beide Länder blieben souverän in ihrer Gesetzgebung. Wenn die EU sich heute um einen Freihandelsvertrag mit den USA bemüht, übernimmt sie ebensowenig US-Gesetze wie die USA EU-Gesetze übernimmt.

Geht es um Marktzutritt, regeln die darum bemühten, gleichberechtigten Verhandlungspartner die Bedingungen, welche den Handel sowie wirtschaftliche Kooperation zwischen den Vertragsländern grenzüberschreitend erleichtern – ohne dass einer der Vertragspartner seine Souveränität über seine Gesetzgebung preisgibt.

Personenfreizügigkeit: Pfeiler des EU-Binnenmarktes

Wenn – wie das gegenwärtig der Fall ist – die EU die Personenfreizügigkeit zum integralen Bestandteil des EU-Binnenmarktes erklärt, so ist diese Feststellung selbstverständlich für alle EU-Mitgliedländer verbindlich.

Ein EU-Nichtmitglied wie die Schweiz ist davon allerdings nicht betroffen. Die EU unterhält mit zahlreichen EU-Nichtmitgliedern vertraglich vereinbarte Wirtschaftsbeziehungen, welche in keiner Art und Weise an die Personenfreizügigkeit gebunden sind.

Der Rahmenvertrag würde das Verhältnis verändern

Anders würde die Situation für die Schweiz, wenn der Rahmenvertrag Tatsache würde, mit welchem der Bundesrat gegenwärtig die «institutionelle Einbindung» der Schweiz in den Beschlussfassungs-Apparat der EU festlegen will.

Als in die EU «institutionell eingebunden» soll die Schweiz gemäss den Vorstellungen des Bundesrats fortan sämtliche von der EU einseitig getroffenen Beschlüsse, die irgend einen Gegenstand in einem bilateralen Vertrag zwischen der Schweiz und der EU betreffen, automatisch als für unser Land verbindlich übernehmen. Weil die Schweiz dabei auf jegliche Mitbestimmung zur Entstehung neuer Regelungen verzichtet, dürfte die EU dieses Zugeständnis als Aufforderung verstehen, unser Land Schritt für Schritt den in der EU geltenden Binnenmarkt-Regelungen zu unterstellen.

Die Schweiz würde – gemäss dem vom Bundesrat verabschiedeten Verhandlungsmandat für den Rahmenvertrag – aus freien Stücken auf ihre Vertragshoheit verzichten – also auf ihr Recht, Verträge nach eigenen Interessen abzuschliessen. Sie überlässt die Entscheidung darüber, was fortan gelten soll, vollumfänglich der Gegenseite. Sie nimmt – gleichsam als Untertan – automatisch an, was die Europäische Union in Brüssel beschliesst.

Dieses Untertanen-Verhältnis will der Bundesrat im Rahmenvertrag mit der EU zusätzlich mit der Bereitschaft bekräftigen, bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung von Verträgen den Entscheid des EU-Gerichtshofs – also des höchsten Gerichts der Gegenseite – als letztinstanzlich und damit unumstösslich anzuerkennen.

Drittens will der Bundesrat der EU ausdrücklich das Recht einräumen, Sanktionen gegen die Schweiz zu erlassen, falls die Schweiz – zum Beispiel wegen eines Volksentscheids – einen Entscheid des EU-Gerichtshofs einmal nicht übernehmen kann. Mit diesem Zugeständnis unterstellt sich der Bundesrat gleichsam der Super-Guillotine Brüssels. Denn allein die EU erhielte ein Sanktionsrecht – das anzuwenden Brüssel jederzeit androhen könnte. Von Gegenseitigkeit keine Spur.

Die Rechtswirkung

Wer sich fremdem Recht unterstellt und die letztinstanzliche Auslegung des fremden Rechts auch noch einem fremden Gericht, dem Gericht der Gegenpartei nämlich, zubilligt, hat aufgehört, ein souveräner Staat zu sein.

Die Schweiz würde via Rahmenvertrag nicht Mitglied, sie würde eher entrechteter Satellit des EU-Binnenmarktes.

us

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