Staatssekretär Jacques de Watteville als «Chefunterhändler»

Der Bundesrat hat vor wenigen Wochen Staatssekretär Jacques de Watteville zum «Chefunterhändler» in allen offenen Fragen gegenüber der EU ernannt. Einen Gesprächspartner auf der Gegenseite hat dieser Chefunterhändler allerdings nicht. Und die Kompetenzen, die Bern seinem neuen Chefunterhändler überträgt, stiften vor allem Verwirrung.

EU-NO Newsletter vom 3. September 2015

Der Entscheid, sämtliche offenen Fragen zwischen Bern und Brüssel zu bündeln und die Verhandlungen dazu einer einzigen Persönlichkeit in der Eigenschaft eines Chefunterhändlers zu übertragen, ist durchaus nachvollziehbar. Solches Vorgehen, in der Verhandlungsführung konsequent verfolgt, könnte beiderseits befriedigende Lösungen zu offenen Fragen durchaus begünstigen.

Eigenartig an der von Didier Burkhalter mit grossem Trara in die Öffentlichkeit getragenen Ernennung von Jacques de Watteville ist, dass die EU soche Bündelung der offenen Fragen offensichtlich ablehnt und ihrerseits deshalb keinen Chefunterhändler ernennt. Der Bundesrat akzeptierte diese Brüskierung der Schweiz ohne Verzug und reduzierte die Funktion des neuen Chefunterhändlers flugs zum nur innenpolitisch tätigen «Koordinator».

Gleichzeitig lassen Bundesrat Burkhalters Kolleginnen die Öffentlichkeit wissen, dass sie ihre Verhandlungen mit Brüssel keinesfalls dem neuen Chefunterhändler überlassen würden. Bundesrätin Simonetta Sommaruga treibt ihre ausgeprägt fragwürdige Verhandlungsführung in Sachen Migration angesichts der Europa überflutenden illegalen Einwanderung so eigenmächtig weiter, wie Bundesrätin Doris Leuthard in Energie-Fragen ihre mit andern Bundesstellen kaum genügend abgesprochenen Konzepte weiterverfolgt. Beide Bundesrätinnen zeigen auch keinerlei Bereitschaft, sich persönlich von der Verhandlungsfront zurückzuziehen. In bekannter, auf öffentliche Wirkung schielender Geltungssucht verhandeln sie weiterhin persönlich, was die Erfolgschancen der Schweiz – wie langjährige Erfahrung zeigt – nachhaltig beeinträchtigt.

Verhandelt für die Schweizer Landesregierung ein Diplomat, so kann dieser, wenn Schwierigkeiten auftauchen, jederzeit mit der Begründung, neue Instruktionen von seiner Regierung einholen zu müssen, einen Verhandlungsunterbruch verlangen und veranlassen, was sorgfältige Prüfung und Erörterung aller Auswirkungen von Forderungen der Gegenseite gestattet. Steht ein Departements-Vorsteher indessen persönlich an der Verhandlungsfront, ist solcher Überlegungs-Unterbruch kaum möglich. Entsprechend unüberlegter und schlechter fallen Entscheide aus, ablesbar am «Kniefallkurs», der die Verhandlungsstrategie Berns seit einigen Jahren zum Nachteil der Schweiz sowohl gegenüber den USA als auch gegenüber der EU kennzeichnet.

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