Bundesberns Lügen und Märchen zur EU-Politik

Vor drei Jahren erschien mit Absender Komitee EU-No ein recht umfangreiches Papier, in welchem offensichtliche Fehlinformationen Bundesberns zum Verhältnis Schweiz-EU nach Stichworten in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet, richtiggestellt und kommentiert wurden.

Im Lauf des Jahres 2018 wurde dieses Papier vom Komitee EU-No vollständig überarbeitet und mit neuen Beispielen von Fehlinformationen aus den zurückliegenden Monaten angereichert.

Im heutigen Bulletin präsentieren wir weitere Beispiele von «Fake News» zum Verhältnis Schweiz-EU mit Absender Bundesbern.

Im erwähnten Papier weisen Anmerkungen auf die Quellen hin, die den einzelnen Aussagen zugrunde liegen. Den Zugang zu diesen Quellen erhalten Sie via eu-no.ch/luegenpapier.

 

Lohndruck

So wurde die Öffentlichkeit informiert:

«Es lassen sich nach wie vor kaum negative Auswirkungen der Zuwanderung auf das Schweizer Lohn- und Beschäftigungsniveau der ansässigen Bevölkerung nachweisen. (Bericht des Bundesrates zur Aussenwirtschaftspolitik 2017, vom 10.1.2018, S. 30).

Die Tatsachen:

Mehrere Untersuchungen gehen davon aus, dass die Löhne in den letzten Jahren ohne Personenfreizügigkeit stärker zugenommen hätten. Die Löhne im Gast- und Baugewerbe (zwei Bereiche mit besonders hoher Zuwanderung «dank» Personenfreizügigkeit) stiegen unterdurchschnittlich. Sogar das Seco gibt zu: «Dass die Zuwanderung im Baugewerbe und in der verarbeitenden Industrie, welche ein unterdurchschnittliches Lohnwachstum aufwiesen, zu einer gewissen Lohndämpfung geführt haben könnte, ist nicht ganz auszuschliessen.»

 

Wirtschaftsförderung in Osteuropa

So wurde die Öffentlichkeit informiert:

«Durch unser Engagement bauen wir Märkte auf, in welchen wir unsere Qualitätsprodukte und Dienstleistungen verkaufen können» (Abstimmungsbotschaft zur sog. Kohäsionsmilliarde, 26. November 2006).

Die Tatsachen:

Die vom Bund finanzierten Vorhaben in der EU haben gemäss einer Umfrage im Jahr 2013 nur gerade für zwei Prozent der befragten Firmen als Türöffner in Osteuropa gedient. Zwölf Prozent der Unternehmen sprachen sogar von negativen Erfahrungen in Zusammenhang mit dem Erweiterungsbeitrag.  Dass wir Geld dafür bezahlen, dass wir in Osteuropa ein paar Produkte verkaufen können, ist ohnehin fragwürdig.

 

Meinungsumfragen

So wurde die Öffentlichkeit informiert:

Abstimmungskommentar zur Absage an die Masseneinwanderung: «Aussergewöhnlich starke Mobilisierung und Zustimmung zur Initiative [gegen die Masseneinwanderung] durch weniger privilegierte Stimmbürger» (Vox-Meinungsumfrage vom 26.2.14, finanziert aus der Bundeskasse).

Die Tatsachen:  

Absolventen der höheren Berufsbildung stimmten der Initiative mit 63 Prozent überdeutlich zu (Tages-Anzeiger, 6. Mai 2017).

 

Megatrucks, Sechzigtönner

So wurde die Öffentlichkeit informiert:

«Wir werden 60-Tönner in der Schweiz nicht akzeptieren» (BR Moritz Leuenberger im Juni 2007).

Die Tatsachen:

Nach Abschluss des geplanten Rahmenabkommens müsste die Schweiz künftig in allen «binnenmarktrelevanten» Bereichen die europäische Gesetzgebung automatisch übernehmen, auch jene zum Landverkehr, wenn die EU-Gesetzgebung freie Fahrt für Sechzigtönner bewilligen würde.

 

Öffentliches Beschaffungswesen / Submissionsverfahren

So wurde die Öffentlichkeit informiert:

«Die Schweizer Wirtschaft erhält in den EU-Mitgliedstaaten einen besseren Zugang zu Aufträgen der öffentlichen Hand» (Abstimmungsbotschaft, 21. Mai 2000).

Die Tatsachen:

«Die Schweizer Unternehmen scheinen nicht vermehrt an Submissionsverfahren im europäischen Ausland teilzunehmen» («Die Volkswirtschaft», 2008, Staatssekretariat für Wirtschaft).

 

Personenfreizügigkeit

So wurde die Öffentlichkeit informiert:

«Die EU wird der Schweiz garantiert nicht entgegenkommen» (Europa-Experte Dieter Freiburghaus).

Die Tatsachen:

Der Chefunterhändler der EU für die Brexit-Verhandlungen, der Franzose Michel Barnier, hatte anfangs Oktober 2017 mit seiner berühmt gewordenen «farbigen Tabelle» dargelegt, dass von den vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes – die freien Austausch von Gütern, Dienstleistungen, Kapital und Personen verlangen – in der EU bloss die Personenfreizügigkeit vollständig umgesetzt worden ist. Bezüglich Austausch von Gütern, Dienstleistungen und Kapital bestehen Einschränkungen. Die vier Grundfreiheiten sind also durchaus verhandelbar.

 

So wurde die Öffentlichkeit informiert:

«Ohne bilaterale Verträge könnte Roche keine Toptalente mehr in der Schweiz rekrutieren» (Roche-Präsident Christoph Franz am 29. April 2018).

Die Tatsachen:

Jedes Land kann selber bestimmen, wieviele «Toptalente» es ins Land lässt. Dafür braucht es keine bilateralen Verträge.

 

Rahmenabkommen

So wurde die Öffentlichkeit informiert:

«Wir wollen keine fremden Richter» (Bundesrat Didier Burkhalter am 4.12.2015).

Die Tatsachen:

Der Chefunterhändler der EU für die Brexit-Verhandlungen, der Franzose Michel Barnier, hatte anfangs Oktober 2017 in einer berühmt gewordenen farbigen Tabelle dargelegt, dass mit der Schweiz ein Rahmenabkommen in Verhandlung sei, «das zu einer Rechtsprechung des EU-Gerichtshofes in Bezug auf EU-Recht führen wird». Und das für das Rahmenabkommen geplante Schiedsgericht unterstünde stets dem vom EU-gerichtshof bestimmten EU-Recht.

 

So wurde die Öffentlichkeit informiert:

Gefragt nach seiner Europa-Strategie und danach, ob es ein Rahmenabkommen mit der Europäischen Union brauche, erklärte Cassis: «Nein» (BR Ignazio Cassis am 7. September 2017).

Die Tatsachen:

«Das Rahmenabkommen mit der Schweiz ist mir mehrfach versprochen worden» (EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am 14.Februar 2018).

 

Schengen / Dublin: Kosten

So wurde die Öffentlichkeit informiert:

«Die Kosten von Schengen und Dublin belaufen sich (…) auf durchschnittlich 7,4 Millionen Franken pro Jahr» (Abstimmungsbotschaft, 5. Juni 2005).

Die Tatsachen:

Gesamtkosten:
2013: 100 Millionen Franken;
2014: 95,8 Millionen Franken;
2015: 97,1 Millionen Franken;
2016: 92,5 Millionen Franken.

 

Schiedsgericht

 So wurde die Öffentlichkeit informiert:

«Die EU ist bereit, die Rolle des Europäischen Gerichtshofs in der bilateralen Streitschlichtung eng zu begrenzen». «Entscheiden wird das Schiedsgericht, das ist jetzt eine gemeinsame Position», sagte der Schweizer Europa-Staatssekretär Roberto Balzaretti am 23. April 2018.

Die Tatsachen:

Gemäss Stand April 2018 darf das Schiedsgericht nur in jenen Bereichen selbständig (aber nach den Vorgaben des EuGH) entscheiden, in denen es eine eindeutige Rechtsprechung des EuGH gibt. Dort, wo es das nicht gibt, müsste das Schiedsgericht eine Vorabentscheidung des EuGH einholen. Kurz: In allen Fällen entscheidet der EuGH.

 

So wurde die Öffentlichkeit informiert:

«Schweizer tragen den neuen Europakurs von Cassis mit», titelte die NZZ am Sonntag am 29. April 18 beglückt. In einer grossen Umfrage hätte sich eine klare Mehrheit für ein Schiedsgericht und verbindliche Regeln ausgesprochen.

Die Tatsachen:

Die Umfrageteilnehmer durften nur entscheiden, welche Variante der Streitbeilegung sie in einem neuen Rahmenabkommen befürworten würden. Dass die Mehrheit der Schweizer ein Rahmenabkommen genauso deutlich ablehnt wie die Ausdehnung der Beziehungen zur EU, wurde in den Medien dagegen schamhaft verschwiegen.

 

Bulletin zum herunterladen (PDF)

 

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