eu-no.ch INFO vom 03.07.2014

Zwei Begriffe aus dem «Wörterbuch zum Schleichbeitritt», die zeigen, mit was für beschwichtigenden Begriffen der Bundesrat seine wahren EU-Absichten tarnt:

Rahmenabkommen

Mit einem Rahmenabkommen will der Schweizer Bundesrat der EU-Forderung nach institutioneller Einbindung der Schweiz in die Strukturen der EU nachkommen. Diese institutionelle Einbindung bewirkt, dass die Schweiz vom souveränen, der EU grundsätzlich ebenbürtigen Verhandlungspartner zum Befehlsempfänger von EU-Beschlüssen und EU-Gesetzen abgewertet wird.

Mit dem Rahmenabkommen wird ein Vertrag zwischen der Schweiz und der EU angestrebt, welcher die übergeordneten Regeln festhält, die für sämtliche bilateralen Verträge und Abmachungen zwischen der Schweiz und der EU verbindlich sind. 

Die Idee der Schaffung eines Rahmenabkommens mit Regeln und Vereinbarungen, die für sämtliche  bilateralen Verträge mit der EU verbindlich sind, wurde ursprünglich von der damaligen Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey lanciert. Als klar wurde, dass ein solches Rahmenabkommen ohne markanten Souveränitätsverzicht nicht zu erreichen ist, verschwand die Idee wieder aus der Diskussion.

Erst als EU-Kommissionspräsident  Barroso im Dezember 2012 von der Schweiz die  institutionelle Einbindung in die EU-Strukturen verlangte, kam der Begriff Rahmenabkommen wieder auf die bundesrätliche Traktandenliste. Erneut mit dem Vorsatz, sämtliche bilateralen Verträge und Vereinbarungen zwischen der Schweiz und der EU übergeordneten, für alle Einzelabmachungen geltenden Regeln zu unterstellen. Das Verhältnis zwischen der Schweiz und Brüssel sollte in einem einzigen, für alle früheren und alle zukünftigen Verträge gültigen Rahmenvertrag festgehalten werden.

Mit dem Rahmenabkommen will der Bundesrat der EU-Forderung nach institutioneller Einbindung der Schweiz in die EU-Strukturen nachkommen. Dazu erklärt sich die Schweiz gemäss  Non-Paper bereit, folgende drei Bedingungen zu akzeptieren:

  1. Die Schweiz ist bereit, alles von der EU geschaffene Recht zu heutigen und künftigen bilateralen Verträgen und Vereinbarungen  automatisch – also unter Verzicht auf jegliche Form der Mitbestimmung – zu übernehmen.
  2. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung bilateraler Verträge und Vereinbarungen anerkennt die Schweiz den  Europäischen Gerichtshof (EuGH) als höchste, unanfechtbare Instanz auch gegenüber der Schweiz.
  3. Kann die Schweiz (z.B. als Folge eines Volksentscheids) ein Urteil (von der Schweiz konsequent als «Entscheid» bezeichnet) des EU-Gerichtshofs nicht übernehmen, hat die EU das Recht,  Sanktionen in Form von Strafmassnahmen ( Ausgleichsmassnahmen) gegen die Schweiz zu erlassen.

 

Stärkung des bilateralen Wegs

Mit der Tarnung seiner Bereitschaft zu markantem Souveränitätsverzicht, festgehalten im Rahmenvertrag Schweiz/EU, versucht der Bundesrat den Schweizer Souverän darüber hinwegzutäuschen, dass dieser Rahmenvertrag in Wahrheit den bilateralen Weg zerstört: Die Schweiz lässt sich mit dem Vertrag von der EU vom zuvor gleichberechtigten, souveränen Vertragspartner zum einseitigen Befehlsempfänger aus Brüssel degradieren.

Die Floskel Stärkung des bilateralen Wegs soll den bundesrätlichen Willen zum “ EU-Schleichbeitritt mittels “ institutioneller Einbindung der Schweiz in die Strukturen der EU tarnen. 

Die Luxemburgerin Viviane Reding, bis Ende 2014 Justizkommissarin der EU, hat zu den bilateralen Beschwörungen des Bundesrats in einem am 6. Dezember 2013 dem «TagesAnzeiger» gewährten Interview dem Bundesrat gleichsam den EU-Tarif für die Fortführung des bilateralen Wegs erklärt. Zur Frage, wie sie die Zukunft des bilateralen Wegs sehe, sagte Viviane Reding wörtlich: «Ich bin seitlängerem der Meinung, dass der Weg der bilateralen Vereinbarungen ausgedient hat. Wir haben 120 verschiedene bilaterale Abkommen, wir haben ein Dutzend technische Kommissionen: Das ist undurchsichtig, bürokratisch und nicht mehr zeitgemäss. Darüber sollte man einmal diskutieren. Und wie gesagt: Wer am Binnenmarkt teilnehmen will, muss auch das Recht des Binnenmarkts anwenden. Schweizer Käse ist gut, aber nicht in der Politik.»

Bis heute haben durch Volksabstimmungen insgesamt sechzehn  bilaterale Verträge Gültigkeit erlangt. Daneben sind rund hundertzehn weitere Vereinbarungen, deren Inhalt von beiden Vertragsparteien als von untergeordneter Bedeutung eingeschätzt wird, abgeschlossen worden.

Der jetzt in Aushandlung begriffene  Rahmenvertrag ist dem sämtlichen bilateralen Verträgen und Vereinbarungen übergeordneten Ziel verpflichtet, die Schweiz in die Strukturen der Europäischen Union “ institutionell einzubinden.

Der Begriff «institutionelle Einbindung» ist in der Schweiz indessen auf Kritik gestossen, weil er mit Souveränitätsverzicht und Unterordnung in Verbindung gebracht worden ist. Deshalb meidet der Bundesrat seit einigen Monaten diesen Begriff. Stattdessen spricht Bundesbern von der «Stärkung (oder aber «Renovation») des bilateralen Wegs» oder von den  Bilateralen III.

In Wahrheit wird mit der institutionellen Einbindung der Schweiz in die EU-Strukturen ein Verhältnis zwischen Bern und Brüssel angestrebt, das die für bilaterale Verträge gültige Ebenbürtigkeit der Vertragspartner ersetzt durch ein Verhältnis der Unterwerfung. Der Rahmenvertrag, der die institutionelle Einbindung der Schweiz festschreiben soll, ist ein Kolonialvertrag, der den Bilateralismus abwertet in ein Untertanenverhältnis. Nicht Stärkung, nicht Renovation, vielmehr Zerstörung des Bilateralismus ist das wahre Ziel des Bundesrats, das er mit dem Rahmenvertrag anstrebt. Die Schweiz wird mit diesem Abkommen vom ebenbürtigen Vertragspartner zum unterworfenen Befehlsempfänger. Der Bundesrat beabsichtigt offensichtlich weder die Weiterführung noch die Stärkung, vielmehr die Zerstörung des Bilateralismus.

Würde der Rahmenvertrag zur institutionellen Einbindung der Schweiz beschlossen, wäre unser Land zur “ automatischen Übernahme von EU-Recht ohne jede schweizerische Mitbestimmung verpflichtet. Ausserdem hätte sich die Schweiz dem  EU-Gerichtshof (EuGH) als höchster Entscheidungsinstanz bei Meinungsverschiedenheiten zur Auslegung bilateraler Verträge und Vereinbarungen zu unterwerfen. Könnte sie einen Entscheid dieses EU-Gerichtshofs nicht übernehmen, müsste sie  Sanktionen (also Strafmassnahmen) seitens der EU hinnehmen.

Die Schweiz stünde der EU als Untertanin gegenüber. Mit dem beschönigenden Begriff «Stärkung des bilateralen Wegs» tarnt der Bundesrat seine offensichtliche Bereitschaft zum Verzicht auf bilaterale Gleichberechtigung, auf schweizerische Selbstbestimmung, auf schweizerische Souveränität.

 

Das heutige Bulletin EU-No präsentiert Ihnen zwei Stichworte und deren Kommentierung, wie sie im «Wörterbuch zum Schleichbeitritt» aufgeführt sind. Dieses «Wörterbuch zum Schleichbeitritt» wird in diesen Tagen zuerst auf Deutsch, wenige Tage später auch auf Italienisch und Französisch auf unserer Homepage erscheinen:

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