Kein Ende der EU-Wirtschaftskrise in Sicht

Die politischen Bemühungen zur Erhaltung des nicht wirklich markttauglichen Euro haben den Einfluss der Europäischen Zentralbank innerhalb der Europäischen Union markant verstärkt.

EU-NO Newsletter vom 18.12.2014

Der Wirtschafts- und Finanzfachmann Konrad Hummler hat im neusten von ihm herausgegebenen Bulletin «bergsicht» eine interessante Analyse zum politischen Einfluss der Europäischen Zentralbank auf die Europäische Union insgesamt vorgelegt.

Konrad Hummler stellt fest, dass sich das Entscheidungszentrum innerhalb der Europäischen Union offensichtlich von Brüssel nach Frankfurt, an den Sitz der Europäischen Zentralbank verlagere, wo EZB-Chef Mario Draghi das Zepter führt. Damit würden die in der EU ohnehin wenig entwickelten demokratischen Kontrollorgane weiter geschwächt.

Wesentlichen Schub habe die Machtverschiebung von Brüssel nach Frankfurt durch die vor Monaten erfolgte Ankündigung Mario Draghis erhalten, zur Rettung des Euro notfalls Staatspapiere bankrotter oder zumindest bankrottbedrohter EU-Mitgliedstaaten «in unbegrenzter Höhe» aufzukaufen – mittels laufend per Druckerpresse geschaffenem neuem Geld. Diese Bereitschaft – die kein einigermassen demokratisch gewähltes EU-Organ je abgesegnet, geschweige denn beschlossen hat – knüpft das Überleben der Euro-Zone vorbehaltlos an die Entscheide der EZB und ihres Chefs Mario Draghi.

Draghi wisse den ihm damit überlassenen politischen Hebel durchaus auch zu nutzen. Er ist es, der dem Euro eine Politik gezielter Abwertung verordnet hat. Dies in der Hoffnung, der Europäischen Union, die gegenüber Fernost sowie Nord- und Südamerika wirtschaftlich laufend zurückfällt, damit neue Wachstumsimpulse im Sinne verbesserter Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene zu verleihen.

Hummler stellt fest, dass mit den von Draghi eingeleiteten Massnahmen die Machtverschiebung von Brüssel nach Frankfurt zwar offensichtlich geworden sei. Bis heute konnte damit aber noch kein Wirtschaftsaufschwung ausgelöst werden. Die Desindustrialisierung Italiens setze sich vielmehr fort. Frankreichs unaufhaltsames Abrutschen in immer tieferes wirtschaftliches Desaster sei nicht gestoppt worden. Von einer echten Erholung der geschwächten EU-Südländer könne nicht die Rede sein. Die Verschuldung nehme in nahezu allen EU-Staaten weiter zu. Die Arbeitslosigkeit verharre auf gefährlich hohem Niveau. Die Investitionstätigkeit befinde sich weiterhin im Krebsgang – in einzelnen EU-Ländern seien die Investitionen um 75 Prozent zurückgegangen, verglichen mit den Zuständen vor Ausbruch der Euro-Krise. Die Politik der Zinsnullung, welche Investitionen mittels «Gratisgeld» eigentlich beflügeln müsste, habe bisher kaum nennenswerte Wirkung entfaltet.

Insgesamt sei es Draghi zwar gelungen, den EU-Machtapparat zunehmend in sein Haus in Frankfurt zu überführen. Obwohl die Finanzmärkte den Willen Draghis, den Euro um jeden Preis zu retten, durchaus als glaubwürdig einstuften, lasse sich ein Ende der Wirtschaftskrise in der EU aber nicht absehen – trotz all den von Draghi eingeleiteten Massnahmen.

 

(Quelle: «bergsicht», Ausgabe 10, Dezember 2014)

 

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