Prognose von Prof. Hans-Werner Sinn

In einem kürzlich in der «Weltwoche» abgedruckten Interview hat sich der renommierte Müncher Wirtschaftswissenschafter Professor Hans-Werner Sinn zum Zustand der Euro-Zone und der EU insgesamt in unmissverständlichen Worten geäussert.

EU-NO Newsletter vom 08.01.2015

Zum Krebsgang der Euro-Einheitswährung sagte Sinn:

«Die Euro-Krise hat zwei Aspekte. Sie ist zum einen eine Krise der Finanzmärkte, und sie ist zum anderen eine Krise der Realwirtschaft. Diese Krise wütet nach wie vor, sie ist überhaupt noch nicht überwunden. Die Finanzkrise hat man beruhigt durch viel Geld aus den Druckerpressen und durch Garantien der Europäischen Zentralbank (EZB) gegenüber privaten Investoren. … Das dicke Ende kommt mit Sicherheit noch. Die Frage ist nur, wie es aussieht: ein Crash der Euro-Zone oder ein fortgesetztes Siechtum. Ich vermute, dass es eher das Zweite sein wird.»

Zur Frage, ob Austritte aus der Euro-Zone ermöglicht werden sollten, äusserte sich Professor Sinn wie folgt:

«Ich habe … den Standpunkt vertreten, dass es besser ist, wenn Länder auch aus der Euro-Zone austreten können. Ein Euro, in den man nur reinkann und nicht raus, ist ein Gefängnis. Es ist nicht gut, ein solches Gefängnis zu betreiben, sondern man muss ordentliche Austrittsmöglichkeiten eröffnen. …

Ich glaube, das ganze politische Projekt wird scheitern, wenn man diese Möglichkeit nicht zulässt. Das krampfhafte Festhalten an einem Euro-Verbund mit allen Ländern bedeutet umgekehrt, dass man in eine Transferunion hineingeht. Dort wird man den Ländern, die nicht wettbewerbsfähig sind und denen man eine Abwertung der Preise nicht zumuten kann, dauernd unter die Arme greifen müssen. Das wird aber allein von der Quantität her nicht möglich sein, denn wir reden ja hier von vierzig Prozent der Bevölkerung der Euro-Zone, die in der Krise sind. Es können nicht sechzig Prozent vierzig Prozent finanzieren. Die politischen Widerstände, die das hervorruft, werden noch grösser sein. Das mündet in einen Konflikt zwischen der wachsenden Rettungsmüdigkeit der Nordländer und der Austeritätsmüdigkeit der Südländer.»

Trotz dieser düsteren Prognose zur Zukunft der Euro-Zone und der EU insgesamt, geäussert von einem der weltweit bestdokumentierten Wirtschaftskenner, hält der Bundesrat unbeirrbar an seinem Projekt fest, die Schweiz mittels eines sog. «Rahmenvertrags» – der in Wahrheit ein Unterwerfungsvertrag ist – in das immer tiefer in die Wirtschafts- und Finanzkrise geratende Unions-Europa «institutionell einbinden» zu wollen.

 

(Quelle: «Weltwoche» Nr. 51/52, 18.12.2014)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert