Fürs erste gelang es, die Genehmigung des die Schweiz der EU unterwerfenden Rahmenvertrags zu verhindern. Das ist ein Erfolg der EU-kritischen Kräfte in der Schweiz. Der Erfolg hat allerdings ein Ablaufdatum.

Bundesrat Ignazio Cassis hat bereits klargestellt: Er, für die Aussenbeziehungen der Schweiz zuständig, will diesen Vertrag, so wie er heute lautet, unter Dach und Fach bringen. Im Voraus scheint er zu akzeptieren, dass sich Brüssel jeglichem Ersuchen um Nachverhandlungen zu verschliessen gedenkt. Brüssel spekuliert auf das Einknicken Bundesberns.

Bloss eine Ehrenrunde?

Es sei, lassen die hiesigen Freunde Brüssels zum Trost ihres Anhangs verlauten, bis zum Vertragsabschluss bloss noch eine Art «Ehrenrunde» erforderlich. Die EU scheint diese Ehrenrunde mit allerlei Erpressungsversuchen abkürzen zu wollen. Eine nachvollziehbare Haltung: Denn wenn der Brexit Tatsache wird, droht der EU-Kasse ein gewaltig gähnendes Loch. Brüssel möchte dieses Loch offensichtlich mit Geld aus der Schweiz auffüllen. Deshalb wird die Schweiz unter Druck gesetzt. Deshalb will Brüssel der Schweiz den Rahmenvertrag raschmöglichst aufzwingen.

Es gehe, behaupten hiesige Zweckoptimisten in Sachen EU-Anbindung, nur noch um die Flankierenden Massnahmen. Zu deren weitgehenden Beseitigung könne man, so wird zu Bundesbern geglaubt, die jetzt eingeleitete «Ehrenrunde» nutzen. Wenn man den Gewerkschaften als den lautstärksten Verteidigern der mit den Flankierenden erreichten Lohnschutzmassnahmen da und dort entgegenkomme, werde der Vertrag schliesslich die erforderliche Mehrheit zumindest im Parlament finden.

Valentin Vogt, Chef des Arbeitgeberverbands, hat dieser Erwartung befeuernden Auftrieb verliehen, indem er den Gewerkschaften «lockere Hand» in Aussicht stellt: Würde man einige administrative Zugeständnisse sowie einige Dutzend Millionen springen lassen, dann könne die Opposition der Gewerkschaften wohl gebrochen werden. So spekuliert der Arbeitgeber-Chef. Die Wiedereingliederung der organisierten Genossen in die Front der Ausverkäufer schweizerischer Eigenständigkeit wäre dann nur noch eine Frage der Zeit. Seien die Wahlen im Oktober 2019 nur endlich vorüber, könnten die Gewerkschaften nach markantem Einsatz von Franken und administrativ-bürokratischen Zugeständnissen – die dem Gewerbe gesalzene Zusatzlasten bescheren dürften – wieder in die Pro-EU-Schlachtreihe aufgenommen werden.

Die von der EU verlangte Preisgabe der Flankierenden Massnahmen durch die Schweiz ist – auch wenn die Medien diese Forderung derzeit ganz in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung um den Rahmenvertrag stellen – tatsächlich bloss ein Teilaspekt der von Bundesbern nach wie vor angestrebten «institutionellen Anbindung» der Schweiz an die EU, womit in Wahrheit der Ausverkauf schweizerischer Eigenständigkeit Tatsache würde.

Weit schwerer wiegt die generelle Bereitschaft, die Schweiz der Oberhoheit des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu unterstellen.

Der EU-Gerichtshof

Der EU-Gerichtshof ist nicht nur höchstes Rechtsprechungsorgan in der EU, dessen Urteile unanfechtbar sind. Er hat zusätzlich aus jedem ihm vorgesetzten Fall die Rechtsvereinheitlichung im Sinne Brüssels möglichst europaweit durchzusetzen. Der EU-Gerichtshof in Luxemburg entscheidet demzufolge zu allem, was Brüssel in völlig eigener Kompetenz als «binnenmarktrelevant» erklärt, abschliessend – und konsequent im Sinne Brüssels. Und all die auf diese Weise von der EU festgelegten Vorgaben muss die Schweiz, wenn der Rahmenvertrag Tatsache würde, automatisch übernehmen.

Und auch zu allen Verhandlungsbestimmungen, die Brüsseler Interessen tangieren – und welche Bestimmungen in einem mit Brüssel abzuschliessenden Vertrag sollen nicht Brüsseler Interessen tangieren? –, muss die Schweiz alle von Brüssel gesetzten Regeln automatisch übernehmen.

Der Bereich, in dem Bern noch eigenständig entscheiden kann, beschränkt sich auf unwesentliche Nebenfragen, die Brüssel nicht interessieren.

Unionsbürgerrecht

Zudem will Brüssel der Schweiz per Rahmenvertrag die Übernahme der Unionsbürgerrechts-Richtlinie zwingend verordnen, womit das Schweizer Bürgerrecht zum Auslaufmodell würde. National etikettierte Bürgerrechte haben in einem Konglomerat, das alles Nationale aufzulösen beabsichtigt und immer wieder offen diffamiert, keine Existenzberechtigung mehr.

Dass die Schweiz, sobald sie der Unionsbürgerrechts-Richtlinie unterstellt wird, auch kostenpflichtig wird für all jene Arbeitslosen in der EU, die zuvor als Grenzgänger in der Schweiz gearbeitet haben, wird ihr eine äusserst gesalzene Rechnung – mehrere Milliarden Euro jährlich – aus Brüssel eintragen. Die konkursreifen Habenichtse unter den EU-Mitgliedern scheinen sich mit Hilfe Brüssels mit den in der Schweiz vermuteten Milliarden über Wasser halten zu wollen.

Handlungsfreiheit sichert das Überleben

Derweil mehren sich Zeichen drohenden Einbruchs der Weltwirtschaft – wobei in Brüssel wohlbegründete Befürchtungen kursieren, die EU könnte davon besonders getroffen werden – obwohl es wenigstens den nördlichen EU-Ländern im Moment noch recht gut geht.

Stolpert die EU in eine Wirtschaftskrise, wird das die Schweiz nicht unberührt lassen. Worauf ist ein Land, worauf ist ein Konzern, ein Betrieb angewiesen, wenn schwierige Zeiten, wenn Wirtschaftseinbrüche drohen? Am wichtigsten ist angesichts solcher Aussicht, dass ein Land oder ein Betrieb möglichst lange und möglichst umfassend eigenständig handlungsfähig bleibt. Also Entscheidungen frei treffen kann, welche eigenen Interessen unbedingten Vorrang gewährleisten. Handlungsfreiheit in einer Krise wird zur Überlebensfrage für Staaten wie für Konzerne.

Handlungsfreiheit gewinnt die Schweiz gewiss nicht, wenn sie sich in die EU-Bürokratie «institutionell einbinden» lässt, wie das der Rahmenvertrag besiegeln soll. Angebunden an Brüssel mit seiner überbordenden Bürokratie und seinem nicht verhehlten Anspruch, auf der Weltbühne eine immer wichtigere Rolle spielen zu wollen, bleibt für die Interessen eines Kleinstaates, der seine Eigenständigkeit und Neutralität zu erhalten sucht, kein Platz mehr.

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In eigener Sache

Das vorliegende EU-No-Bulletin ist das letzte, für das der Unterzeichnende als Geschäftsführer des Komitees gegen den schleichenden EU-Beitritt die redaktionelle Verantwortung trägt.

Da sich die Entscheidung bezüglich Einbindung der Schweiz in die EU weiter verzögert, hat das Komitee EU-No im Spätherbst 2018 Schritte zur Verstärkung seiner operativen Führung getroffen. Das Präsidium des Komitees geht mit dem Jahreswechsel von Christoph Blocher über an Nationalrat Roger Köppel. Und die bisher von Ulrich Schlüer besorgte Geschäftsführung wird am gleichen Datum an Urs Vögeli übertragen.

Sowohl Christoph Blocher als auch Ulrich Schlüer gehören weiterhin dem Vorstand von EU-No an. Ihr Einsatz gegen EU-Beitritt und EU-Einbindung der Schweiz bleibt dem Komitee vollumfänglich erhalten – während die operative Führung des Komitees jüngeren Kräften übergeben wird.

Im Namen des Komitee-Vorstands entbiete ich allen Komitee-Mitgliedern und -Unterstützern die besten Wünsche zum bevorstehenden Jahreswechsel. Gleichzeitig verabschiede ich mich als Verantwortlicher für die Herausgabe des EU-No-Bulletins.

Ulrich Schlüer

Kommentare

  1. Wenn die Schweiz den EU-Gerichtshof akzeptieren würde, wäre die Scheiz IN JEDER HINSICHT der EU ausgeliefert – und dies als Sklave. Demzufolge wären nicht nur die privaten Bürger der Schweiz erledigt. Es wären auch die heute noch florierenden Industrien. Diese Chefs denken wohl nicht daran, dass auch diese den Wunsch-EU-Richtlinien absolut gehorchen müssten. Und genau diese Chefs meinen, sie könnten noch mehr Profit rausschlagen auf Kosten der Schweizerbürger. Wäre die Schweiz fähig die EU auch völlig daneben zu erpressen à la EU, könnten bei einer Schwächung der Schweiz wegen der EU, die Pendler als Arbeitlsoe nachhause geschickt werden. Das täte der EU sehr, sehr weh. Deshalb will die EU vorsorglich erpresserisch die Arbeitslosengelder für die Pendler durch die Schweiz bezahlen lassen. Das Bundesgericht würde wohl schon heute diesen Fall zur Beurteilung dem EU-Gerichtshof überlassen. Ironisch gemeint: Weshalb brauchen wir überhaupt noch Politiker und Richter, wenn die EU uns diese „Arbeit“ auf „Freundschaftlicher Basis“ abnehmen tut? Ja-ja – rufst Du mein Vaterland?!!! Ist es STUMM geworden der EU gegenüber?

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