Bundesrat verwickelt sich in Widersprüche

Die Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel über den sog. «Rahmenvertrag» treten in diesen Tagen in ihre entscheidende Phase. Deshalb ist es angebracht, daran zu erinnern, was für Auflagen an die Adresse des Bundesrats die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates (APK-N) vor Verhandlungsbeginn beschlossen hat.

EU-NO Newsletter vom 19.02.2015

Die Auflagen wurden formuliert in zwei Kommissions-Motionen. Die Parlamentsdienste fassten die aufgrund dieser Kommissions-Motionen entstandene Ausgangslage für die Verhandlungen Schweiz-EU mit folgenden Worten zusammen:

«Institutionelle Fragen

Ende 2013 konsultierte der Bundesrat die APK zu den Eckwerten seines Verhandlungsmandates betreffend die institutionellen Fragen zwischen der Schweiz und der EU. Im Zentrum der Beratungen der APK-N, die das Mandat mit 14 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung genehmigte, stand die Frage, wie die Anliegen der Schweiz – z. B. betreffend die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit oder die demokratischen Mitspracherechte – in den Vorschlägen des Bundesrates berücksichtigt werden können. Die Kommission wies den Bundesrat zudem darauf hin, dass das Ziel der Verhandlungen einzig darin bestehen soll, mittels Verträgen den gegenseitigen Marktzugang zu erleichtern. Deshalb verlangte die APK-N mit 13 zu 1 Stimmen bei 7 Enthaltungen, gegenüber der EU klar zu signalisieren, dass die Schweiz nicht Teil des europäischen Binnenmarktes werden will. Mit dem gleichen Stimmenverhältnis unterstützte die APK-N die klare Haltung des Bundesrates, wonach sich die Schweiz weder verpflichten dürfe, EU-Recht automatisch zu übernehmen, noch sich der EU- oder der EWR-Gerichtsbarkeit zu unterstellen.»

Der Bundesrat habe die von der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats (APK-N) deutlich angenommenen Vorstösse als seinem Verhandlungskonzept dienend beurteilt und vor der Kommission befürwortet.

Um so mehr verwundert, dass die beiden derart deutlich angenommenen und vom Bundesrat positiv beurteilten, inhaltlich zweifellos gewichtigen Vorstösse bis heute vom Nationalrats-Plenum nicht behandelt worden sind. Es droht ihnen allmählich die «stille Liquidation», weil Vorstösse, die zwei Jahre nach Antragstellung nicht behandelt worden sind, gemäss Ratsreglement automatisch aus Abschied und Traktanden fallen.

Damit dies mit den beiden richtungsweisenden Vorstössen zu den laufenden Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel nicht geschieht, hat Nationalrat Christoph Mörgeli nunmehr die Behandlung dieser beiden APK-Vorstösse in der bevorstehenden Märzsession verlangt.

Die APK-Vorstösse wollen die automatische Übernahme von EU-Recht durch die Schweiz verhindern. Sie stehen damit in klarem Widerspruch zu Konzessionen, die der Bundesrat – auch bezüglich der von Bundesbern angebotenen Unterstellung der Schweiz unter den EU-Gerichtshof – gegenüber der EU im Laufe der Verhandlungen bereits eingegangen ist.

Man ist wahrhaftig gespannt zu erfahren, wie sich der Bundesrat zu den damit von ihm selbst verursachten Widersprüchen stellt.

 

(Quelle: Die Bundeversammlung – Das Schweizer Parlament: Die wichtigsten Geschäfte der Aussenpolitischen Kommission APK; Stand Juli 2014)

 

 

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