Auf dem Schleichweg in die EU

Vom Bundesrat erfährt man gegenwärtig fast nichts über die laufenden Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU zum sog. «Rahmenvertrag», der die «institutionelle Einbindung» der Schweiz in die Strukturen der EU festschreiben will.

EU-NO Newsletter vom 22.01.2015

Der Bundesrat scheint offenbar die offene Diskussion über seine längerfristigen EU-Pläne zu scheuen. Kurzfristig wird in den nächsten Tagen das Departement Sommaruga seine Anträge zur Umsetzung der von Volk und Ständen am 9. Februar 2014 gutgeheissenen Initiative gegen die Masseneinwanderung in eine Vernehmlassung geben. Eigenmächtig und in klarem Widerspruch zum ergangenen Volksentscheid hat der Bundesrat festgelegt, die gutgeheissene Initiative dürfe nur so umgesetzt werden, dass die zu treffenden Massnahmen auch die Billigung Brüssels erhielten – womit eine angebliche Gefährdung der bilateralen Verträge vermieden werde.

Damit hat sich der Bundesrat einen Joker zugespielt: Wenn er die Umsetzungspläne derart schroff formuliert, dass Brüssel mit unmissverständlichem Njet reagieren wird, glaubt sich Bundesbern von weiteren Umsetzungsanstrengungen dispensieren zu könne. Das scheint der «Strategie» zu entsprechen, welche die Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga jetzt mit Rückhalt im Bundesrat zur «Umsetzung» der von ihr so herzlich ungeliebten Initiative gegen die Masseneinwanderung verfolgt.

Im Klartext heisst dies: Die Zeit bis zu den Gesamterneuerungswahlen ins Eidgenössische Parlament am 18. Oktober 2015 soll möglichst freigehalten werden von EU-Diskussionen. Sind diese Wahlen dann vorbei, wird der Bundesrat das Schweizervolk mit der «harten Wirklichkeit» konfrontieren, dass eine Brüssel genehme Umsetzung der Absage an die Masseneinwanderung nicht möglich sei – womit die bilateralen Verträge entsprechend gefährdet seien. Gleichzeitig wird er den «Rahmenvertrag», den er gegenwärtig möglichst aus öffentlichen Diskussionen heraushält, als neue Vorlage unter neuem Titel präsentieren. Die Vorlage dürfte dann heissen: «Erneuerung des bilateralen Wegs». Sie wird all jene Eckpfeiler enthalten, welche der Bundesrat in Vorverhandlungen zum erwähnten «Rahmenvertrag» Brüssel bereits zugestanden hat.

Erstens erklärt sich Bern darin bereit, alle Gesetze und alle Beschlüsse der Europäischen Union, die in irgend einem Zusammenhang zu bilateralen Verträgen stehen, automatisch von Brüssel zu übernehmen.

Zweitens will der Bundesrat den EU-Gerichtshof als oberste, unanfechtbare Instanz anerkennen, die über Meinungsverschiedenheiten zur Auslegung bilateraler Vereinbarungen endgültig entscheidet. Damit erreicht der Bundesrat, dass fremde Richter fremdes Recht über die Schweiz verfügen, ohne dass unserem Land dazu ein Mitsprache- oder gar ein Mitbestimmungsrecht zustünde.

Drittens räumt der Bundesrat der EU das Recht ein, Sanktionen, also Strafmassnahmen gegen unser Land zu erlassen, wenn die Schweiz einmal einen Entscheid des EU-Gerichtshofes nicht übernehmen kann. Dies trifft dann ein, wenn ein Volksentscheid in der Schweiz anders lauten sollte als eine aus Brüssel ergangene Verfügung.

Auch wenn das Vorhaben, das jetzt noch unter dem Titel «Rahmenvertrag» läuft, vom Bundesrat später als «Erneuerung des bilateralen Wegs» etikettiert würde, so wird klar, dass der Bundesrat die Schweiz mit dieser vertraglichen Vereinbarung von der bilateralen Verhandlungspartnerin zur devoten Befehlsempfängerin der EU degradiert. Würde das bundesrätliche Vorhaben Wirklichkeit, wäre dies nicht die Erneuerung, vielmehr die Zerstörung des bilateralen Wegs. Denn bilaterale Verhandlungspartner verkehren miteinander gleichberechtigt, auf gleicher Augenhöhe. Verpflichtungen und Vorteile aus Verträgen müssen sich in ausgewogenem Verhältnis befinden. Die Schweiz aber bietet der EU mit dem «Rahmenvertrag» die Unterwerfung an – wie immer dieser Vertrag später betitelt sein wird. Die Schweiz hätte nur noch auszuführen, was Brüssel erlässt und befiehlt. Dies in all jenen Belangen, die irgendwo von bilateralen Verträgen berührt werden.

Auf diese Weise würde auch der Volksentscheid vom 9. Februar 2014 annulliert. Wird das, was die Schweiz im Entwurf zum Rahmenvertrag der EU anbietet, Wirklichkeit, dann wird alle Gesetzgebung über Einwanderung und Personenfreizügigkeit zur abschliessenden Domäne Brüssels. Und der Schweizer Volksentscheid vom 9. Februar 2014 würde von Brüssel gewiss nicht übernommen.

Dannzumal dürfte für jedermann klar werden, dass das, was jetzt als «Rahmenvertrag» bezeichnet wird, in Wahrheit ein Unterwerfungsvertrag ist.

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