Nachdem die geheimen Vorbereitungen getroffen worden sind, sucht der Bundesrat mit der neuen Unterhändlerin Livia Leu nun den Kontakt mit Brüssel. Gross wurden harte Verhandlungen mit der EU verkündet. Klar ist aber, dass sich weder die Position des Bundesrates noch die der EU grundlegend verändert hat. Es gibt also keine Verhandlungen. Der Bundesrat versucht immer noch mit sogenannten Klärungen und Präzisierungen am missratenen Rahmenabkommen herumzubasteln, anstatt dieser Selbstaufgabe eine Abfuhr zu erteilen. Damit wird der Schweizer Bevölkerung Sand in die Augen gestreut.

Geheimniskrämerei

Das Rahmenabkommen zwischen der EU und der Schweiz stand unter langem Stillstand. Nicht erfreut über diese Langwierigkeit war und ist die EU, welche auf weitere Schritte der Schweiz wartete und äusserte, dass sie mit diesem Verhalten unzufrieden ist. Die Begrenzungsinitiative, für welche die beiden Parteien offenbar einen Diskussionsstopp abgemacht hatten, wurde abgelehnt. Und sofort wurde das Rahmenabkommen wieder zum Thema und es machte sich sogleich in der Schweiz von rechts bis links Kritik breit. Auch personell waren auf beiden Seiten Änderungen zu verzeichnen: Die EU wird durch einen neuen Unterhändler wie auch durch einen neuen Botschafter in der Schweiz vertreten. Wohl kaum dem innenpolitisch ansteigenden Druck zuzuschreiben, hat auch der Bundesrat mit Livia Leu eine neue Chefunterhändlerin rekrutiert, welche das Rahmenabkommen nun mit dem bestmöglichen Resultat abschliessen soll. Die Vorgeschichte ist also geschrieben und die geheimen Vorbereitungen wurden unternommen.

Verhandlungen! Verhandlungen?

Inhaltlich hat der Bundesrat dem innenpolitischen Druck jedoch kein bisschen nachgegeben. Gemäss Medienbeiträgen beschränken sich die Anliegen von Seiten des Bundesrats nach wie vor auf eine gewisse Absicherung des Schweizer Lohnschutzes durch die flankierenden Massnahmen, auf den Ausschluss der Unionsbürgerrichtlinie vom Rahmenabkommen und eine wenig weitreichende Regelung bezüglich der staatlichen Beihilfen. Dies wohl mit der leisen Hoffnung, auf etwas mehr Zustimmung auf der politisch linken Seite und bei den Kantonen. Das Rahmenabkommen soll also vermeintlich gerettet werden mit denselben drei Anliegen, die der Bundesrat vor 17 Monaten der EU rückmeldete. Damit zeigt sich, dass dem Bundesrat die Rückmeldungen im eigenen Land und vielseitigen Kritikpunkte zum Rahmenabkommen egal sind.

In den Medien wurde nun gross angekündigt, dass jetzt hart verhandelt würde. Aber wenn man genau hinschaut, sieht man, dass es immer noch um sogenannte Klärungen und Präzisierungen geht, keinesfalls um Nachverhandlungen oder Verbesserungen am bestehenden Text. Die EU will nicht mehr verhandeln und auch der Bundesrat beschränkt sich auf unverbindliche Absicherungen, welche inzwischen mit dem Begriff «Immunisierung» schöngeredet werden. Die Grundprobleme des Abkommens werden bleiben, wie sie jetzt vorliegen. So hat sich die Regierung beispielsweise damit abgefunden, sich dem EU-Gerichtshof zu unterstellen, und damit einem nicht neutralen Integrationsorgan der EU. Was wir uns dadurch an zukünftigen Vorschriften und Bürokratie auflasten, ist nicht auszumahlen. Dabei ist zu vermerken, dass es bei den Strafmassnahmen nicht einfach nur um finanzielle Bussen geht, sondern einerseits Verträge suspendiert werden können, was die EU-Kommission ohne politischen Rückhalt der EU-Staaten vollziehen kann. Andererseits wird ja auch eine neue Super-Guillotine installiert, womit das Rahmenabkommen und alle angehängten Verträge wie auch das Freihandelsabkommen von 1972 zusammengekettet würden.

Aspekte wie der Verlust der Demokratie und Souveränität, die Unterhöhlung des Föderalismus, die Strafmassnahmen, die Super-Guillotine, mehr Bürokratie und Juristerei, Risiken durch eine ungewisse EU-Rechtsentwicklung und weitere scheinen den Schweizer Vertretenden auch nach 17 Monaten Bedenkzeit nicht von ausreichender Relevanz, um die Übung Rahmenabkommen endlich abzubrechen.

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Kommentare

  1. Unglaublich dreist dieses Vorgehen und feige noch dazu. Frage: Ist es denn möglich jetzt bereits eine Volksabstimmung zu verlangen, wir wollen alle nicht in die EU. Mir scheint jedoch bald nach den letzten Wahlen zur Zuwanderung, dass auch hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, denn Schlussendlich werden die Abstimmungszahlen ja auch in ein Computersystem integriert und dieses spuckt dann die Ergebnisse aus oder wie verhält es sich hier genau, das würde bestimmt nicht nur mich brennend interessieren. Vielen Dank für Ihre Aufklärungsarbeit.

  2. Der Rahmenvertrag ist nichts anderes als ein Kolonialvertrag. Dieser Vertrag hat praktisch nur Nachteile für die Schweiz .
    Die Verhandlungen über den Rahmenvertrag sind abzubrechen. Der Freihandelsvertrag von 1972 ohne Personenfreizügigkeit genügt.

  3. Erstens: Ein Abkommen benötigt immer zwei Parteien, die sich einig sind. Es mag sein, dass die Mehrheit des Bundesrates diesem unseligen Vertrages zustimmen will. Darauf hindeuten würde die Entsendung der neuen Vertreterin, Frau Livia Leu, nach Brüssel. Dies ist, wie oben beschrieben, eine krasse Missachtung der Volksmeinung. Wir wollen nicht via diesem Rahmenabkommen in die EU integriert werden. Es zeigt klar auf, wie der Bundesrat uns hintergeht. Zweitens: Unser Bundesrat hat es einmal mehr versäumt, der EU klar zu machen, dass wir dieses Abkommen nicht wollen. Diese Schwäche der EU gegenüber ist meines Erachtens mehr als nur bedenklich. Wann wacht unser Bundesrat endlich auf, und zeigt mehr „Füdli“? Ich stelle mir die Frage, wie in dieser Angelegenheit noch mehr hintergangen, angelogen und verschwiegen wird. Was können wir nur dagegen tun???

  4. https://www.youtube.com/watch?v=ulXYObmurbs

    Schweizer Fernsehen – Sternstunde Philosophie vom 17.2.2008
    Jean-Claude Juncker, Ministerpräsident und Finanzminister von Luxemburg, hat viel Einfluss in der EU. Immer wieder setzt er eigene Vorstellungen durch. So zählte er zu den Schöpfern der starken Währung Euro. Mit Härte und Humor vertritt er die Interessen des Bankenplatzes Luxemburg. Im Bedarfsfall zögert er nicht, den mächtigen Franzosen Nicolas Sarkozy zur Ordnung zu rufen. Aber der 53jährige Christlichsoziale ist nicht nur ein mit allen Wassern gewaschener Macher, der als Präsident der Euro-Länder derzeit die internationale Finanzkrise managt. Er ist auch europäischer Nachdenker und Vordenker – und wahrscheinlich der beste, schlagfertigste Redner unter Europas Politikern. Sternstunde Philosophie: Kleines Land, grosser Europäer. EU-Vordenker Jean-Claude Juncker zu Gast bei Roger de Weck

    Die selbsternannten „Visionäre“ von damals haben völlig vergessen die Meinung ihrer Opfer einzuholen. Auch hat es Juncker – wohl aus guten Gründen – bisher unterlassen uns zu erklären was er meinte, als er sagte:
    „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“ – in Die Brüsseler Republik, Der Spiegel, 27. Dezember 1999.

    Wenn wir begreifen würden, gäbe es also ein grosses Geschrei und Aufstände! Exakt. Ist doch ein guter Hinweis.

    Vielleicht sollten wir noch abwarten damit, etwas zu unterschreiben, denn die Erklärung «für das was da beschlossen wurde und die meisten nicht verstehen» ist bis heute ausstehend. Ziemlich unüblich unter Ehrenleuten und Vertragspartnern die keine Betrüger sind.

  5. Das Rahmenabkommen ist als müsse die Schweiz für alle bisherigen mit der EU abgeschlossenen bilateralen Abkommen noch ein zweites Mal bezahlen. Diesmal jedoch zu einem nahezu tödlichen Preis. Sie müsste ihre Wirtschafts- und Handelspolitik und teilweise ihre Sozialpolitik der EU direkt unterstellen. Solch eine ohne jegliche Gegenleistung vollzogene freiwillige Souveränitätsaufgabe würde unser Land zu einem politischen Gebilde degradieren, das weder leben noch sterben könnte.

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